Simultanübersetzung virtuell – Erfahrungsbericht eines Dolmetschers
Das klassische Format einer Konferenz mit Simultanübersetzung sieht so aus: Alle Teilnehmenden bekommen ein kleines Gerät mit Kopfhörer, an dem sie die Sprache auswählen, in der sie die Konferenzbeiträge hören möchten, zum Beispiel Deutsch, Englisch, Spanisch oder Französisch. Hinten im Veranstaltungsraum sind eine oder mehrere Dolmetschkabinen zu sehen, in denen sich Simultandolmetscher:innen bei der Arbeit abwechseln. Alle Vortragenden sprechen in ein Mikrofon und sind damit im Raum und auch bei den Dolmetscher:innen in den Kabinen gut zu hören. In den Pausen treffen sich alle am Kaffeetisch oder am Buffet, um die wirklich wichtigen Dinge zu besprechen. Ab 2020 geht das plötzlich nicht mehr. Online-Meetings sind zeitweise die einzige Lösung, um sich überhaupt zu besprechen. Wie läuft es da?
Ein paar Tipps zu Zoom, Teams, Webex & Co mit Simultanübersetzung
Vom Prinzip her funktioniert es so: Im Idealfall ermöglicht die Videoplattform, dass die Teilnehmenden in der Benutzeroberfläche zwischen verschiedenen Sprachkanälen wählen (multichannel). Auf jedem dieser Sprachkanäle sprechen die jeweiligen Dolmetscher:innen für die Sprache – also soweit ähnlich wie bei bei den Empfangsgeräten bei einer Präsenzveranstaltung.
Vor allem in der Anfangsphase war das mit der Simultanübersetzung nicht einfach. Auch zwei Jahre nach Beginn der Pandemie ist die Tonqualität noch regelmäßig ein Problem. Ein Beispiel: Ich höre als Dolmetscher das hier: „Wenn w... für ...ie fünfz ... onen entscheiden, müssen wir alle dahinterstehen“. Während dieser Lückentext an mein Ohr dringt, spreche ich noch den vorherigen Satz zu Ende. Dann zermartere ich mir das Hirn, was da gesagt wurde. Und dann fällt der Groschen noch rechtzeitig: „Wenn wir uns für die fünfzig Millionen entscheiden, müssen wir alle dahinterstehen“. Oder er fällt nicht. Dann bleibt nur eine Durchsage wie „Hier spricht Ihr Dolmetscher. Der letzte Teil war akustisch leider nicht zu verstehen.“ Das ist frustrierend und auch schade, denn wenn alle Beteiligten vorab ein bisschen Mühe investieren und geeignetes Gerät verwenden, kann es wunderbar laufen. Das sieht dann so aus:
Alle arbeiten mit gutem Laptop, externem Mikrofon oder gutem Headset, mit stabilem Internet und in einem Raum, der nicht hallt. Während des Meetings sprechen alle in ihr eigenes externe Mikrofon (d. h. nicht in den Laptop, Tablet oder ein gemeinsames Mikrofon mit anderen). Wer nicht spricht, schaltet sich stumm. Ein solches Vorgehen macht es für alle Beteiligten deutlich weniger anstrengend. Für uns Simultandolmetscher:innen kann es nur so funktionieren, denn wir sprechen ja auch noch gleichzeitig, während wir hören.
Es gibt für mich als Dolmetscher aber auch Vorteile bei virtuellen Meetings: Online sehe ich manchmal mehr als bei einer Präsenzveranstaltung. So lief es zum Beispiel bei einer Zeugenbefragung in einem internationalen Schiedsverfahren im Herbst 2020 mit Simultanübersetzung: Wir Dolmetscher:innen arbeiten in einem professionellen Dolmetschstudio (Hub). Vor jeder Dolmetschkabine stehen zwei große Bildschirme. Auf dem einen sehe ich den Zeugen direkt vor mir, wie er antwortet, und kann ihm dadurch auch besser folgen. Auf dem anderen werden alle zitierten Dokumente zum Mitlesen gezeigt. Bei einer Präsenzveranstaltung hätte ich während ich dolmetsche das Dokument aus Papierstapeln oder auf dem eigenen Laptop raussuchen müssen.
Ein weiterer Vorteil ist offensichtlich: Es muss nicht gereist werden. Das schont die Umwelt und das Budget. Und es spart Zeit. Manche internationalen Gäste nehmen überhaupt nur teil, weil sie nicht aufwändig reisen müssen. Und keinen Stress mit Zugverspätungen oder Staus zu haben, erhöht die Lebensqualität für alle ungemein.
Hybrid-Veranstaltungen: Das Beste aus beiden Welten
Es liegt auf der Hand, die Vorteile beider Formate zu nutzen, also hybride Veranstaltungen durchzuführen, bei denen sowohl Präsenz als auch digitale Teilnahme möglich ist. Diese können so aussehen: Die Hauptpersonen – und je nach Möglichkeiten auch einige der Teilnehmenden – treffen sich auf einer realen Veranstaltung in angenehmem Ambiente und mit professioneller Konferenztechnik. Auch die Dolmetscher:innen sind mit am Veranstaltungsort, wo sie alles gut hören und direkt sehen und wo die Wege kurz sind, wenn es noch etwas zum Thema Simultanübersetzung zu besprechen gibt oder wenn ein Problem gelöst werden muss. Zusätzlich kommen Videokameras und Streaming zum Einsatz, damit weitere Teilnehmende aus der ganzen Welt die Veranstaltung in exzellenter Ton- und Bildqualität verfolgen und auch direkt Fragen stellen können, ohne eigens hinreisen zu müssen.
Und die persönlichen Geschäftskontakte am Rande von Konferenzen? Auch dafür wird es passende digitale Lösungen geben. Online-Dating und soziale Netzwerke sind schließlich auch schon erfunden.
Simultanübersetzung für eine Videokonferenz anfragen
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Ein paar praktische Hinweise haben meine Firma und ich hier für Sie zusammengestellt. Schauen Sie gerne auch in unser kurzes Video aus dem Dolmetsch-Studio rein.
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